Levin Oehler

Zwei Schritte vor, ein Schritt Zurück  
03/09/22 — 25/09/22 Eröffnung: 02/08/2022, 19 Uhr

Lange Nacht der Museen am 3.September 2022 
(Speicher II, Atelier 4.4, Florian Glaubitz) 16-24 Uhr




                                                                                                                 © Levin Oehler


 
 
 
 
Zwei Schritte vor, ein Schritt zurück.
 
 
Das ergibt trotz Phasen des Rückschritts eine stetige Vorwärtsbewegung. Das bedeutet
Vorankommen, Entwicklung und Veränderung und zur gleichen Zeit Beständigkeit. Wo
das Endziel ihrer Handlungsstränge liegt, das bleibt in Levin Oehlers Arbeit offen.
Vielmehr rücken Arbeitsvorgänge mit lebendiger und toter Materie selbst ins Zentrum 
der Aufmerksamkeit: Ge- und verformte Körper, natürliche und menschengemachte
Strukturen treten in einen Dialog. Kantholzaushöhlungen kommunizieren mit ihren
positiven Gegenstücken. In das Holz eingeschriebene Maserungen suchen ihresgleichen
in den Lebenslinien einer menschlichen Hand. Ausgehöhlt, zerschnitten oder auf den
Kopf gestellt sind die Sujets, die in den Fotografien nun sortiert und geordnet wirken.
Eines der zentralen Themen in der Arbeit des Künstlers ist der Grenzgang zwischen
Dokumentation und Intervention. Neben Fragen rund um die im Bild gezeigten
Aktivitäten und Eingriffe stellen sich auch solche nach dem künstlerischen Handeln:
Wann mache ich eigentlich Kunst?
 
Bei der Betrachtung der in Form und Format variierenden Schwarz-Weiß-Abzüge
verweilt unser Blick auf den vertrauten, nun mit höchster Präzision dargestellten
Gegenständen. Wir begeben uns auch auf die Suche nach Kontinuitäten und
Vergleichen und werden besonders bei jenen Fotografien, die in Duos oder Bildreihen
arrangiert sind, fündig. Dabei bemerken wir, dass das Einzelbild einerseits nur ein
fragmentarischer Ausschnitt eines größeren Ganzen ist und andererseits ein jedes
Bildmotiv auch in und für sich existiert. Der rein abbildenden Funktion der Fotografie
überdrüssig geworden, öffnet Oehler das Medium und sucht die Verbindung mit
bildhauerischen Elementen. Die Beobachtung von Arbeitsprozessen wird zum
künstlerischen Werk. Ihre Spuren werden auf einfache, ehrliche Art porträtiert. 
Dennoch weisen die so entstandenen Fotografien gestalterische Reibungspunkte auf,
beispielsweise durch Spielarten von ein und demselben Bildgegenstand. Ihre Wirkung
entfaltet sich auf leise, nahbare und ausgewogene, jedoch nicht vollends transparente
Weise im Ausstellungsraum. „Ich möchte etwas zeigen, auf oft nicht gesehene Dinge
aufmerksam machen und keine Zauberei betreiben“, erklärt der Künstler.
 
Arbeit = Kraft x Weg. Levin Oehler möchte diese simple Gleichung um die Komponenten
Mensch und Materie ergänzt wissen. So setzen wir vor seinen Fotografien zwei Schritte
nach vorne und treten zurück, sind ständig in Bewegung und gewinnen gleichzeitig völlig
neue Bezüge zu den uns bekannten Dingen. In der Folge orientieren wir uns in unserer
betrachtenden Rolle; wir verorten den Fokus unserer eigenen Wahrnehmung.
 
Levin Oehler studierte im Anschluss an seine Ausbildung zum Fotografen in Münster
Kommunikationsdesign in Hamburg. Daraufhin folgte ein Kunststudium in der Klasse 
„Fotografie im Feld zeitgenössischer Kunst“ bei Peter Piller an der Hochschule für 
Grafik und Buchkunst in Leipzig. Im vergangenen Jahr schloss er sein Studium mit 
dem Diplom der Freien Bildenden Kunst in der Bildhauereiklasse von Tamara Grcic 
an der Kunsthochschule Mainz ab. Oehler stellte bislang u.a. im Kunstverein Jesteburg, 
dem Kunstraum Ortloff Leipzig und der Kestner Gesellschaft in Hannover aus. Er lebt 
und arbeitet in Frankfurt am Main.
 
 
Text: Michelle Heyer
 
 
 
 
 

© Levin Oehler
 
 

 
 
 
 
 
Zwei Schritte vor, ein Schritt zurück.
 

This describes a steady forward movement despite phases of regression. This means progress, development and change, and at the same time consistency. It remains open where the destinations of the narratives in Levin Oehler’s works lie. Instead, working processes involving living and dead matter become the focus of attention: transformed bodies and natural and man-made structures engage in a dialogue. Cavities in timber communicate with their positive counterparts. Grain inscribed into the wood seeks its equal in the lifelines of a human hand. Hollowed out, cut up or turned upside down are the subjects which appear sorted and orderly in the photographs. One of the central themes in the artist’s work is the point of transition between documentation and intervention. In addition to questions about the objects and activities captured in each image, a curiosity about artistic interference arises: When am I actually making art?

When we look at the black-and-white prints, which vary in form and format, our gaze lingers on the familiar everyday objects, now depicted with the utmost precision. We embark on a search for continuities and comparisons and find what we are looking for especially in those photographs that are arranged in duos or series. In doing so, we notice that, on the one hand, the individual image is only a fragmentary section of a larger whole and, on the other hand, that each motif also exists in and for itself. Having grown tired of the purely depictive function of photography, Oehler opens the medium and seeks the connection with sculptural elements. The observation of work processes becomes artistic work. Its traces are portrayed in a simple and honest way. Nevertheless, the resulting photographs exhibit points of creative friction, for example, through variations of one and the same pictorial object. Their effect unfolds in the exhibition space in a quiet, approachable and balanced, yet not fully transparent way. „I want to show something, to draw attention to overlooked things, and not perform a kind of sorcery,“ explains the artist.

Work = force x distance. Levin Oehler wants this simple equation to be expanded by the components of man and matter. Thus, in front of his photographs, we take two steps forward and one step back, we are constantly in motion. Therefrom, we gain completely new relations to the things we know and as a result orient ourselves in our role as an observer; we locate the focus of our own perception.

Levin Oehler studied after his education in photography, he studied communication design in Hamburg and Hanover, followed by studies of art in the class „Photography in the Field of Contemporary Art“ with Peter Piller at the Academy of Visual Arts in Leipzig. In the past year, he completed his diploma in fine arts in the sculpture class of Tamara Grcic at Kunsthochschule Mainz. Oehler has exhibited at Kunstverein Jesteburg, Kunstraum Ortloff Leipzig and Kestner Gesellschaft in Hanover, among others. He lives and works in Frankfurt am Main.

Text: Michelle Heyer

 

 

 

 

 

© Levin Oehler


 

 

 

FAK'22
Öffnungszeiten Fr — So  16 — 19 Uhr 
(Eintritt frei)

Kuratiert von Kristina Jurotschkin und Florian Glaubitz