FAK_Logo15

Kunst muss sein heißt die Publikation zur gleichnamigen Ausstellung von Chris Reinecke aus dem Jahr 1959. Doch was kann Kunst heute noch bewirken, welchen Anteil kann sie an gesellschaftlichen Impulsen bieten? Seit den politisch motivierten Studentenrevolten der 1960er Jahre hat politische Kunst offenbar an Fahrtkraft verloren. Warum erheben Künstler ihre politische Motivation dennoch zur Kunst, anstatt ihren Standpunkt in der Politik, im sozialen Engagement geltend zu machen? Schnell steht der Vorwurf im Raum: Sozialkritik unter dem Deckmantel einer verkünstelten Elite.

Das Ausstellungsprogramm des FAK 2015 stellt vier künstlerische Positionen vor, die sich trotz unterschiedlicher Herkunft und Alter der einzelnen KünstlerInnen unter dem Thema von Bewegungsprozessen innerhalb des Spannungsfeldes von Kunst und Gesellschaft verorten lassen. Die geplante Reihe an Einzelausstellungen zeigt eine kritische Praxis in der Kunst – Chris Reinecke, Evamaria Schaller, der israelische Fotograf Benyamin Reich und das Künstler paar Özlem Günyol und Mustafa Kunt beweisen im jeweils eigenen Medium die Notwendigkeit einer politischen Dimension in der Kunst. Intensiv und über die eigenen Ländergrenzen hinweg, setzen sie sich mit sozialen und politischen Fragestellungen auseinander und machen diese überhaupt erst sichtbar… In ganz unterschiedlichen Vorgehensweisen – Konzeptuelle Arbeiten auf Papier, Installationen, Fotografie, Video – kommen die ausgewählten KünstlerInnen zu ihrer individuellen, mit ihrer eigenen Lebenswelt eng verknüpften, künstlerischen Aussage.

Die Künstlerin Chris Reinecke (geb. 1936), die bei den Studentenrevolten selbst aktiv war, wendet sich in den 1970er Jahren zunächst bewusst vom offiziellen Kunstbetrieb ab, der sich durch ihre politischen Aktionen nicht nachhaltig verändern lässt. Stattdessen wird sie Kunstlehrerin und entwickelt aus dieser Situation heraus dialogisch angelegte Arbeiten, die gerade aus heutiger Sicht das Aufarbeiten von Geschichte und gesellschaftlichem Inhalt möglich machen.

Evamaria Schaller setzt sich als zweite Position unseres Programms mit dem öffentlichen Raum auseinander. Eine Hinterfragung der eigenen künstlerischen Sprache aber auch des Raumes als soziales Gefüge steht im Fokus. Sie nutzt für Performances ihren eigenen Körper, baut Medien wie Film und Fotografie ein oder nutzt alles für eine Installation. Während der Performances im öffentlichen Raum bezieht sie auch Passanten mit ein und lässt so den Betrachter einen eigentlichen Teil des Kunstwerkes und der sozial kritischen Äußerungen werden.

Aus sehr persönlicher Sicht gewährt der israelische Fotograf Benyamin Reich dem Betrachter Einblicke in die teils extremen Gegensätze seines Kulturkreises. Ein intimer Blick aus jener politischen Situation, die uns aktuell Tag für Tag in den Nachrichten vor Augen geführt wird. Reich, der in einer ultra-orthodoxen jüdischen Familie aufgewachsen ist, setzt sich in seinen Arbeiten mit  den alten jüdischen Traditionen ebenso auseinander wie mit dem modernen, säkularem Leben – zwei Lebenswelten, die auf den ersten Blick unvereinbar scheinen. Die Kamera dient Reich als eine Art Tagebuch und Medium, den selbst erfahrenen Konflikt zwischen Tradition und Modernität zu kanalisieren und bildlich zu übersetzen.

Einen zusammenfassenden Abschluss bildet die vierte und letzte Ausstellung. Das aktuelle politische Zeitgeschehen und gesellschaftliche Phänomene spielen auch beim Künstlerduo Özlem Günyol und Mustafa Kunt eine vordergründige Rolle. Dabei bilden ihre Herkunft und die damit individuell gemachten Erfahrungen den Fundus für ihre politisch konnotierten Arbeiten. Themen wie kulturelle Identität, das Arbeiten in einem fremden Kulturkreis und soziale Zusammenhänge werden in performativen, installativen und dokumentarischen Arbeiten für den Betrachter sichtbar gemacht. Den Abschluss des FAK.15 bilden die traditionellen Jahresgaben.